top of page

Was ist Dialog?

Der Dialog ist ein grundlegendes Arbeits- und Lebensprinzip, kaum beschreibbar - nur erlebbar. Hier einige wesentliche Bestandteile:
Dialog ist mehr als ein Gespräch und unterscheidet sich von einer Methode. Dialog ist eine Haltung und meint: gemeinsames Denken, Achtsamkeit, Respekt und von Herzen reden.
Seine Wurzeln gehen zurück auf den Philosophen Martin Buber und den Physiker David Bohm. Während Bohm den Schwerpunkt darauf legt, in einer Gruppe eine gedankliche Synergie einzugehen und neuen Sinn miteinander zu schaffen, liegt Bubers Augenmerk eher auf der direkten, zwischenmenschlichen Begegnung zwischen ICH und DU. Treffen sich diese beiden Haltungen - zwischenmenschliche Begegnung und lnfragestellen des Gewohnten -, können sich dem Einzelnen, wie auch der Gruppe, ganz neue Erfahrungswelten öffnen.
In Diskussionen oder Debatten erleben wir, dass Menschen eher gegeneinander als miteinander reden. Sie neigen dazu, ihre Meinung als absolute Wahrheit anzunehmen und zu verteidigen. Sie versuchen den oder die anderen zu überreden und ihre Meinung zu „verkaufen“.
lm Dialog bin ich herausgefordert, von Herzen zu sagen, was mir wirklich wichtig ist, zu erkunden und die eigenen Ansichten „in der Schwebe zu halten“. Dazu brauchen meine Gedanken eine „Atempause“. Ziel ist es u. a., automatisierte Muster, die in unserem Unbewussten gespeichert sind und die uns zu stereotypen (Re)aktionen verleiten, zu durchbrechen - durch Verlangsamung und geübte Achtsamkeit.
Aus der respektvollen Hinwendung zum anderen entsteht die Bereitschaft zu einer vorurteilsfreien Begegnung. Wir „besuchen“ mit Interesse und Offenheit unser Gegenüber in seiner Welt. Ich stelle mich seinen Ansichten, ohne sie gleich bewerten zu müssen. Statt „Denkprodukten“ tauschen wir unsere Denkwege aus. So begegnen wir uns in erster Linie als Lernende und nicht als Wissende.
Die Absicht des Dialogs: Miteinander zu denken und ein neues gemeinsames Verständnis zu erreichen, das über die bekannten, schon oft gedachten Gedanken, hinausgeht.
Dialog ist „eine Chance, Neues zu entdecken, keine Garantie, Altes zu bewahren“, sagt David Bohm.

 

©Johannes Schopp, Inge Willwacher, 2009

Die zehn wichtigsten Dialogfähigkeiten


Der intensive Austausch von Gedanken und Gefühlen, der für den Dialog typische „Fluss von Bedeutung" kommt ins Strömen, wenn die Teilnehmer zehn elementare Fähigkeiten entwickeln, mit denen sie ihr Gesprächsverhalten steuern:


Die Haltung eines Lerners verkörpern: 

Die Teilnehmer bringen Aufgeschlossenheit und Neugier in den Dialogprozess ein und damit ein grundsätzliches Interesse an anderen Sichtweisen. „Ich gestehe mir ein, dass ich nur (m)einen Teil der Wirklichkeit kenne.“
Radikalen Respekt zeigen: 

lm radikalen Respekt steckt die tiefe Annahme der Person. Diese Basis ermöglicht einen Dialog, in dem Auseinandersetzung und Heilung von Verhaltensmustern möglich werden. Die Teilnehmer lassen sich aufeinander ein und treten miteinander in Beziehung. „Ich bestätige und akzeptiere dein Anderssein.“
Sich öffnen für andere Ansichten und Überzeugungen: 

Die Gesprächspartner sind bereit, sich voreinander von ihren eigenen Überzeugungen zu lösen und öffnen sich für neue Ideen und Meinungen. „Ich achte auf meine reflexartigen (Vor)Urteile.“
Von Herzen sprechen

Sie sprechen über das, was ihnen am Herzen liegt. Ihre Äußerungen setzen Sie in Beziehung zu ihren eigenen Anliegen und Erfahrungen. Sie verzichten auf belehrende Worte, Eitelkeiten, intellektuelle Spielereien und theoretische Ergüsse. „Ich rede nur von dem, was mich wesentlich angeht.“
Zuhören und verstehen wollen: 

Mitfühlendes Zuhören ist aktiv. Ich nehme versteckte Signale des Urteilens wahr und lasse sie los. „Ich habe wirkliches Interesse an dem, was du sagst. Ich nehme die Watte aus den Ohren und stecke sie in den Mund.“
Den Dialog verlangsamen: 

Die Teilnehmer lassen sich untereinander ausreden. Jeder hat das Recht, sich die Zeit zum Sprechen, Nachdenken und Nachfragen zu nehmen, die er braucht. „Ich schaffe einen Raum für konzentrierte Achtsamkeit.“
Annahmen und Bewertungen in der Schwebe halten: 

Die Gesprächspartner nehmen wahr, dass ihre Meinungen auf Annahmen und Interpretationen beruhen. Die unterschiedlichen Glaubenssätze, Bewertungen und Annahmen prägen das Denken. „Ich schule meine Achtsamkeit darin, zu unterscheiden, wann Vor-Erfahrungen zu Vor-Urteilen werden.“
Produktiv plädieren - den Denkprozess offen legen: 

Wir legen die Gefühle und Beweggründe, die unser Denken, Fühlen und Handeln leiten, offen. Dies ermöglicht gegenseitiges Lernen und Verstehen. „Ich ermutige andere, meine Sichtweise kennen zu lernen und zu hinterfragen.“
Eine erkundende Haltung üben: 

Die Teilnehmer nehmen eine erkundende Haltung ein, indem sie einfache, aufrichtige Fragen stellen. Fragen dienen dem Erkenntnisgewinn und bilden die Basis für neue Antworten. „Ich bin bereit, meine Rolle als Wissender aufzugeben.“
Sich selbst im Dialog aufmerksam beobachten: 

Die Gesprächspartner beobachten den Weg ihrer eigenen Gedanken und gehen Überzeugungen und Haltungen auf den Grund, die unterschwellig die Interaktionen und Handlungen bestimmen. „Ich nehme meine eingefleischten Programme und Denkmuster wahr.“
Modifiziert in Anlehnung an: „Miteinander denken - das Geheimnis des Dialogs“, 1999, Hartkemeyer/Dhority, und „Eltern Stärken - Die Dialogische Haltung in Seminar und Beratung“, 3. Auflage, 2010,

 

©Johannes Schopp, Jana Marek, 2010

Der Unterschied: Diskussion - Dialog

 

Wissen vorweisen - Wissen gemeinsam herausfinden, Antworten geben - Fragen stellen, Gewinnen oder verlieren - Miteinander teilen, Ungleich - Gleich(-würdig)Macht - Respekt, Achtung, eine Sache beweisen - Zuhören und verstehen wollen, eine Position verteidigen - Neue Möglichkeiten erkunden

Dialog

Einladung zum Dialog
 

Jede/Jeder genießt den gleichen Respekt.
 

Ich mache mir bewusst, dass meine „Wirklichkeit“ nur ein Teil des Ganzen ist.
 

Ich genieße das Zuhören.
 

Ich brauche niemanden von meiner Sichtweise zu überzeugen.
 

Ich verzichte darauf, (m)eine Lösung über den Lösungsweg meines Gegenüber zu stellen.
 

Wenn ich von mir rede, benutze ich das Wort „Ich“ und spreche nicht von „man“.
 

Bevor ich rede, nehme ich mir einen Atemzug Pause.
 

Ich rede von Herzen und fasse mich kurz.
 

Ich vertraue mich neuen Sichtweisen an.

Ich nehme Unterschiedlichkeit als Reichtum wahr

bottom of page